Autorin: Lea Nagel
Lesezeit: 4 Min.
(M)Ein Kind im Werbespot – geht das?
Ja. Obwohl Kinderarbeit in Deutschland verboten ist, gibt es Ausnahmen für Dreharbeiten mit Kindern und Jugendlichen. Diese müssen akribisch geplant werden, um die Kinderrechte einzuhalten und gute Ergebnisse zu erzielen.
Welche Richtlinien einzuhalten sind, worauf Eltern bei einem Kindercasting achten sollten, damit sie sich sicher sein können, dass ihr Kind gut aufgehoben ist, beschreiben wir in diesem Blog.
Dieses Thema liegt uns als Eltern besonders am Herzen, denn das Drehen mit Kindern macht uns und den Kindern in der Regel auch, besonders viel Spaß!
Ihr Kind hat grundsätzlich Lust bei einem (Werbe-)Film mit zu wirken und ist eher extrovertiert als introvertiert? Ein Aufruf für ein Film-Casting gefällt Ihnen gut aber sie haben Bedenken, ob der Aufruf seriös ist?
Zunächst einmal ist es gut, dass Sie kritisch sind und das Kindeswohl an erster Stelle steht. So sollte die Filmproduktion bzw. die Castingagentur ebenfalls denken und handeln.
Anhand der Webpräsenz (Homepage, Soziale Medien, etc.) können Sie bereits erkennen, ob die Castingagentur speziell Kinder vertritt oder breiter aufgestellt ist. Gute Kinder-Castingagenturen laden Kinder und erziehungsberechtigte Vertrauenspersonen zunächst für ein Kennenlerntreffen in ihr Büro ein. Passt die Vertrauensbasis, erstellt ein:e Mitarbeiter:in eine Sedcard für Ihr Kind. Die Fotos dafür werden meist direkt in der Agentur erstellt. Sollte ihr Kind bei einem Film oder TV-Spot zukünftig mitwirken, verhandelt die Castingatentur alle vertraglichen Bedingungen für ihr Kind und berät sie zu rechtlichen Fragen.
Herzlichen Glückwunsch! Die erste Hürde ist geschafft. Ihr Kind kommt in die engere Auswahl der Kinder, die sich die/der Regisseur:in für den zu produzierenden Film vorstellen kann.
Zunächst einmal geht es bei der Erstansicht um die Optik, das Alter, die Ausstrahlung auf der Sedcard.
Wenn ihr Kind eingeladen ist, möchten die Kunden und die Kreativen ihr Kind gern vor der Kamera agieren sehen. Denn es ist normal, dass sich Kinder ohne eine Kamera vor ihren Augen viel freier bewegen als mit laufender Kamera. Um einschätzen zu können, wie groß die Scheu des Kindes vor der unbekannten Situation ist, wird das Kind in die reale Drehumgebung eingeladen.
Alle Beteiligten werden auf die Einhaltung des bestehenden Rechts achten.
Eine Beschäftigung von Kindern unter 3 Jahren ist grundsätzlich verboten. Für Kinder unter 3 Jahren gilt das Jugendarbeitsschutzgesetz nicht, da man hier im Allgemeinen nicht von einer arbeitnehmerähnlichen Beschäftigung ausgeht. Kinder können allenfalls in ihren natürlichen Lebensäußerungen fotografiert oder gefilmt werden, dies liegt im Verantwortungsbereich der Eltern.
Hier finden wir also die rechtliche Grundlage für Drehmöglichkeiten mit Kindern.
Kinder zwischen 3 und 6 Jahren dürfen maximal 2 Stunden am Tag (zwischen 8 und 17 Uhr), mit Einverständnis der Eltern und eines Kinderarztes sowie behördlicher Genehmigung drehen. Die Aufenthaltszeit des Kindes am Set darf die Dauer von maximal 3 Stunden nicht überschreiten.
Schulkinder und Jugendliche die bis zur Beendigung der Vollzeitschulpflicht (9 Schuljahre) stehen, dürfen maximal 3 Stunden am Tag (zwischen 8 und 22 Uhr), mit Einverständnis der Eltern und eines Kinderarztes sowie behördlicher Genehmigung drehen. Das Kind darf bis zu 5 Stunden am Set sein und bis zu 3 Stunden davon arbeiten. In den Schulferien erweitert sich diese Arbeitszeit für Jugendliche von 15 bis 17 Jahren auf 8 Stunden am Tag (max. 40 Std./Woche) an insgesamt maximal 20 Tagen.
Kinder dürfen Geld verdienen. Sie werden als Arbeitnehmer eingestuft. Das bedeutet, dass Lohnsteuerkarte und Angaben über den sozialversicherungsrechtlichen Status des Kindes bei der Produktion eingereicht werden müssen. Es gibt einen Steuerfreibetrag, der über die Lohnsteuer-ID der Eltern am Ende des Jahres mit eingereicht werden muss.
Um Performance-Stress am Drehtag zu vermeiden, werden Kinderbesetzungen immer dreifach vergeben. Das heißt, es gibt ein favorisiertes Kind, ein weiteres „Nachrücker-Kind“, dass sich ebenfalls am Set befindet. Zusätzlich bereiten wir eine Drittbesetzung vor. Das bedeutet, dass ein drittes Kind von zu Hause auf einen eventuellen Einsatz wartet. Dieses Vorgehen ist kein Standard, wird aber von uns als weiteres Backup geplant, um ein bestmögliches Ergebnis garantieren zu können.
Es ist also einkalkuliert, dass Kinder auch mal schlecht drauf sein, ängstlich oder schlichtweg krank werden könnten. Das darf und muss okay für alle Beteiligten sein.
Grundsätzlich wird am Set dafür Sorge getragen, dass die Kinder eine gute Zeit verbringen. Es wird eine Person vor Ort sein, die Erfahrungen mit Kinderdrehs hat. Im petto sind Spielangebote, leckeres Essen und natürlich gibt es jede Menge zu entdecken.
Die Szenen des Kindercasts werden im Drehplan möglichst hintereinandergelegt, um Warte- und Drehzeiten kurz zu halten. Eine Vertrauensperson (im besten Fall die Eltern) dürfen bei allen Schritten der Dreharbeiten dabei sein. Außerdem wird dafür Sorge getragen, dass möglichst wenig Menschen zur selben Zeit wie das Kind am Set sind, um das oder die Kinder nicht einzuschüchtern.
Wichtig ist, dass Kinder niemals überredet werden sollten, am Dreh teilzunehmen!
Es gibt zahlreiche Kinder-Castingagenturen. In Hamburg arbeiten wir sehr gerne mit der Castingagentur „Sonntagskinder“ zusammen.
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Lea Nagel
Producerin Saubere Filme GmbH
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